Der Titel klingt romantisch: „Die Macht der Musik“. Doch was der Spiegel-Journalist Ullrich Fichtner darlegt, orientiert sich an biologischen, soziologischen, psychologischen und medizinischen Forschungen und Best-Practice-Beispielen. Die belegen, welche Wirkung Musik auf uns Menschen hat. Fichtner berichtet etwa von einer Frühgeburtsstation in Dijon. Dort wurde festgestellt, dass Frühchen bessere Überlebenschancen haben, wenn sie Musik hören. Schüler können mit einer gelungeneren Schullaufbahn und besserem Sozialverhalten rechnen, wenn sie sich musikalisch betätigen. Der eigene Horizont wird sowieso erweitert. Chorsingen sorgt für sozialen Kitt, die Auseinandersetzung mit Sperrigem als ästhetische Erfahrung kann Sensibilität und Empathie wecken.Spannend ist auch die anschauliche Erklärung, wie Schallwellen von unserem Hörsinn verarbeitet werden und dabei Hormone und Gefühle mitwirken.

Manches allerdings kommt zu kurz: Man hätte gerne noch mehr erfahren von Musik und günstigen Resozialisierungschancen bei Häftlingen sowie über positive Effekte bei psychischen Krankheiten, Demenz und Schlaganfall. Dafür könnten Kapitel über das Musikstreaming knapper sein. Auch über Konzertprogramme im Schlosshotel Elmau, denn dass Musik live unwiederbringlich ist, wissen wir schon seit dem 1980er-Kultfilm „Diva“. Was aber absolut lohnend ist: Durch das gesamte Buch zieht sich der flammende Appel, wie wichtig Musik in vielerlei Hinsicht für eine Gesellschaft ist. Deshalb sollte dieses Buch Pflichtlektüre für Politiker werden.
Die Macht der Musik. Über ihre Kraft, unser Leben glücklicher und unsere Gesellschaft gerechter zu machen
DVA, 256 Seiten
24 Euro






