Anders als bei „Tristan und Isolde“ oder „Romeo und Julia“ ist die Paarkonstellation im Titel von Henry Purcells Opernfragment zum Zeitpunkt der Handlung bereits Vergangenheit. Denn gegen das Liebesglück der geflüchteten Königin und des trojanischen Heimatsuchenden sind hier die olympischen Götter, aber auch die Hexen. Aeneas betritt nur kurz die Bühne, wenn er Abschied nimmt, und wurde in der umfangreichen Diskographie der berühmtesten englischen Oper angesichts der kleinen Partie oft besonders prominent besetzt. So kommen hier die Assoluta Joyce DiDonato und der Wagner-affine Belcanto-Baritenor Michael Spyres mit schicksalhaftem Ungleichgewicht, aber blendend gleichrangigem Stimmniveau zusammen. Maxim Emelyanychev und Il Pomo d’Oro liefern ein intimes Kammerspiel, in dem Purcells Musik eine klaustrophobische Innenspannung, horriblen Schauder und fahlen Prunk gewinnt. DiDonato dringt in den bekannten Arien zu steinerweichender Emotionen vor. Fatma Said ersingt sich mit der besten Nebenpartien-Leistung einen Opern-Oscar. So gerät diese Aufnahme zu einem Spitzenprodukt in perfekter Synergie von historisch informierter Interpretation, epochalem Gesang und spannender Ausleuchtung.

Purcell: Dido & Aeneas
Joyce DiDonato (Dido), Michael Spyres (Aeneas), Fatma Said (Belinda), Beth Taylor (Sorceress), Il Pomo d’Oro, Maxim Emelyanychev (Leitung)
Erato