Auf der einen Seite die sinnliche Ekstase, auf der anderen die christlich-pietistische Erfüllung. Hier die orgiastische Verführung des Venusbergs, dort die vernunftgetragene Strenge der Wartburg. In Wagners „Tannhäuser“ steht der Held zwischen zwei unvereinbaren Lebensmodellen – ein Zwiespalt, an dem er zerbricht und schließlich als Sünder nach Rom pilgert. Regisseur Michael Thalheimer zeigt in seiner Neuinszenierung am Grand Théâtre de Genève jedoch kein simples Aufeinanderprallen zweier Welten, sondern eine fortschreitende Verwandlung: Der Venusberg – ein geistiger Raum, der Tannhäusers Erfahrungen verdichtet – erscheint als kreisförmige Bühnenmaschine, die sich allmählich zur Wartburg öffnet. Auch die Kostüme folgen diesem Weg, entwickeln sich von traumhaft über chaotisch bis zur radikalen Reduktion. Nach „Parsifal“ (2023) und „Tristan und Isolde“ (2024) setzt Genf damit seinen Wagner-Zyklus fort – hochkarätig besetzt mit Daniel Johansson als Tannhäuser, Jennifer Davis als Elisabeth und Franz-Josef Selig als Landgraf Hermann.
Wagner: Tannhäuser
Auch interessant
-
„Kunst braucht Risiko, Reibung – und Spaß“
Omer Meir Wellber über seine Vision in Hamburg, Wege zu Wagner und die Bedeutung des Theaters im Netflix-Zeitalter.
Klassik in Ihrer Stadt
Newsletter
Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!