Im gesegneten Zeitalter von Notdienst, gesetzlicher Krankenversicherung und Lokalanästhesie kann man sich kaum vorstellen, wie weit man gehen würde, um so etwas wie Zahnschmerzen loszuwerden. In Peter Eötvös’ Oper „Der goldene Drache“ lässt sich ein junger Chinese in der Küche eines gesichtslosen Erste-Welt-Schnellrestaurants (eben dem „Goldenen Drachen“) von seinen Kollegen den faulen Schneidezahn ziehen. Dass dieser in hohem Bogen in den Wok fliegt und von dort in die Suppenschale für eine Stewardess gelangt, mag komisch sein, endet aber für den „Illegalen“, wie man in unseren Sphären Menschen ohne soziale Absicherung nennt, tödlich.
Dennoch ist Roland Schimmelpfennigs theatrale Vorlage von, nun ja, ästhetischer Schönheit und hat seine ganz großen Momente in den Elementen der Fabel, in der eine Grille und eine Handvoll Ameisen vorkommen (wobei auch dieser Erzählstrang überaus grausam ist). Peter Eötvös fand genau die richtigen Töne dazu und schuf eine Oper, die sich vor allem für ein zeitgenössisches Stück bemerkenswert hartnäckig in den Spielplänen europäischer Opernhäusern hält.