„Lulu ist meine number one“, sagt die kalifornische Koloratursopranistin Juliana Zara, die seit zwei Spielzeiten dem Ensemble des Staatstheaters Darmstadt angehört. Dort schlüpft sie ab März in die Rolle dieser hocherotisierten Figur, die alle Männer in den Wahnsinn und schließlich ins Verderben sürzt. Als Inbegriff einer Femme fatale wird die Protagonistin aus Frank Wedekinds Skandaldrama, das Alban Berg 1928 zu einer Oper vertonte, gemeinhin rezipiert. Mit diesem Begriff, der einer rein männlichen Perspektive entspringt, kann Zara allerdings wenig anfangen. Sie sieht in der männerverschleißenden Lulu das weibliche Gegenbild des Frauenhelden Don Juan, der durch Mozart ja ebenfalls die Opernbühnenweihe erhielt. Wenn man diese beiden Figuren durch die moralische Brille betrachte, blieben ihre Charaktere flach und fahl. Diese Einsicht dürfte Regisseurin Eva-Maria Höckmayr teilen und uns eine Lulu vorführen, die nicht als Sündenbock herhalten muss, um die klassischen Machtverhältnisse zu wahren, sondern die sich mit ihrer Weiblichkeit als eigenständige Frau behauptet, deren rätselhafte Aura keiner durchdringen kann. (SI)
Berg: Lulu
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