Mit Karol Szymanowskis zweitem und Jean Sibelius’ Violinkonzert hat sich Geigerin Lea Birringer zwei eklatant anspruchsvollen Großwerken des Repertoires angenommen. Im Evergreen des Finnen vermeidet sie geschickt jedes Pathos und fokussiert sich stattdessen auf die Klarheit der Themen. Ein schlanker Ansatz, wohldosiertes Vibrato und pure Spielfreude sorgen für herbe Frische. Szymanowskis dreißig Jahre später komponiertes Konzert, das formale Strukturen hinter sich lässt, erweist sich als in weiten Teilen gelungener Kraftakt zwischen melancholischer Sehnsucht, dämonischem Höllenritt und tänzerischer Folklore. Mühelos wechselt Birringer die Klangfarben und verleiht jedem Abschnitt und jeder Wiederholung des chamäleonhaften Hauptthemas individuellen Charakter. Dabei scheinen ihr besonders das Rhythmisch-Markante und das Düstere des Werks zu liegen. Unaufgeregt auch ihre Herangehensweise an die fast dreiminütige Kadenz. Leider gerät an den dick orchestrierten Stellen die Balance zwischen der Solistin und dem sonst feinsinnig spielenden Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter Benjamin Shwartz ins Wanken. Als Verschnaufpause zwischen beiden virtuosen Konzerten dient eine romantisch-nordische Berceuse von Sibelius’ Schwager Armas Järnefelt.

Sibelius: Vioinkonzert d-Moll op. 47, Järnefelt: Berceuse, Szymanowski: Violinkonzert Nr. 2 op. 61
Lea Birringer (Violine), Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Benjamin Shwartz (Leitung)
Rubicon