Peter Tschaikowskys Soloklavierwerke bewegen sich oft im Bereich der Salonmusik. So auch die ersten beiden Stücke von Daniil Trifonovs jüngster Auseinandersetzung mit dem russischen Romantiker: Die Variationen aus Opus 19 erfreuen sich seit jeher als Zugabe großer Beliebtheit. In ihnen probierte der 33-jährige Tschaikowsky verschiedene Formprinzipien aus. Trifonov selbst, zum Zeitpunkt der Aufnahme gleichaltrig, sieht in ihnen gar eine „Reihe von kühnen Experimenten“ und verleiht den kurzen Sätzen zumindest im letzten Drittel spürbaren Tiefgang. Ähnlich ambivalent fällt der musikalische Gehalt der posthum veröffentlichten Klaviersonate cis-Moll op. 80 aus. Trifonov erweist sich als versierter Erzähler, der die rastlose Gefühlswelt und – bezogen auf das Finale – das oktavengeschwängerte Imponiergehabe des Studenten Tschaikowsky pianistisch versiert einfängt. Wer moderne Referenzaufnahmen beider Werke abseits von Gesamteinspielungen sucht, wird hier fündig.
Als Glanzstunde stellt sich hingegen das „Kinderalbum“ op. 39 heraus: 24 Miniaturen nach dem Vorbild Schumanns, in denen sich wahre Mikrokosmen kindlichen Erlebens auftun. Trifonov begegnet ihnen ernsthaft und arbeitet mit gewohnt leichtgängigem Anschlag und feinsten dynamischen Phrasierungen das Poetische heraus. Das gilt gleichsam für Mikhail Pletnevs höchst anspruchsvolle Konzertsuite aus „Dornröschen“. Kenner des Balletts haben hier auch ohne Orchester die einzelnen Szenen mühelos vor Augen.

Tschaikowsky: Klaviersonate Nr. 2 cis-Moll op. 80, Thema und Variationen op. 19/6 & Kinderalbum op. 39, Tschaikowsky/Pletnev: Konzertsuit aus „Dornröschen“
Daniil Trifonov (Klavier)
Deutsche Grammophon



