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PORTRÄT INGOLF WUNDER

Der Sieger der Herzen

Ingolf Wunders ungewöhnlicher Weg in die große Pianistenkarriere

vonArnt Cobbers,

Es gibt viele Wege, die auf die bedeutenden Konzertpodien führen, doch der des Österreichers Ingolf Wunder, der gerade dabei ist, mit Chopin die Welt zu erobern, ist besonders ungewöhnlich. Zehn Jahre lernte der Sohn eines Musiklehrers aus Klagenfurt Geige und wurde damit doch nicht richtig warm. Bei einem lokalen Wettbewerb hörte ihn dann ein berühmter Klavierlehrer in der Pause vor sich hin klimpern und überredete den 14jährigen zu einer Teststunde. Drei Stunden saßen die beiden zusammen, und Ingolf Wunder, der bislang nur so für sich gespielt hatte, war „Feuer und Flamme“. Drei Monate später wurde er Student am Linzer Bruckner-Konservatorium, nach einem Jahr gewann er seinen ersten Klavier-Wettbewerb, und mit 16 spielte er im Konzert Liszts h-Moll-Sonate und das dritte Klavierkonzert von Prokofjew.

„Ich hatte nie technische Probleme. Ich habe Wettbewerbe gewonnen, jeder sagte mir, wie talentiert ich sei, und da habe ich vielleicht auch im kindlichen Übermut gesagt, ich will Pianist werden. Dabei bin ich geblieben.“ Wunder übte „wie ein Verrückter acht, neun Stunden am Tag“ und verlor auch in den folgenden „fauleren Jahren“ nie das Ziel aus den Augen. Dreimal nahm er an großen Wettbewerben teil, 2005 auch beim Chopin-Wettbewerb in Warschau, und jedesmal verpasste er das Finale. „Ich war in meiner Sturm-und-Drang-Phase, habe alles extrem gespielt und war sicherlich noch nicht reif.“

Zurück in Wien arbeitete Wunder viel und konzertierte wenig, bis er eines Tages erneut Chopin für sich entdeckte. „Ich hatte damals keinen Lehrer, aber losen Kontakt zu Adam Harasiewicz gehalten, der 2005 in der Warschauer Jury saß. Ich schrieb ihm einen Brief, und er war sofort bereit, mir zu helfen.“ Wunder und der polnische Altmeister und Chopin-Enkelschüler, der nie unterrichtet hatte, trafen sich regelmäßig in Salzburg. Es wurde eine geradezu schicksalhafte Verbindung.

„Mein erster Lehrer hat mich enorm motiviert und mir viel über Klangkultur beigebracht. Danach aber habe ich oft gedacht: Ich sehe es anders, und mein Lehrer kann es nicht so spielen wie ich, warum soll ich ihm vertrauen? Harasiewicz war der erste, dem ich zu hundert Prozent vertraut habe. Er weiß, wovon er spricht. Ich merkte, Chopin steht mir sehr nahe, Harasiewicz war sehr zufrieden, und so kam die Idee auf, nochmal beim Wettbewerb zu spielen.“

Für Wunder eine lästige Pflicht. „Wenn man nie Teil eines Netzwerks war, muss man sich bei Wettbewerben vorstellen. Da muss man immer Kompromisse machen, ich habe immer ein bisschen mehr in der Mitte gespielt, als ich normalerweise spielen würde. Aber ich habe nie meine Persönlichkeit verraten. Es klingt lustig, aber die meisten Leute in der Jury sind älter, und je schneller man spielt, desto weniger hören sie. Und natürlich hat jeder seine eigenen Interessen, seinen eigenen Geschmack.“

Anderthalb Jahre bereitete sich Wunder auf den Wettbewerb vor, versuchte an alles zu denken und musste doch erfahren, dass auch ein Quäntchen Glück dazu gehört. Er avancierte zum unbestrittenen Liebling des Publikums und der Presse, die Jury aber verlieh ihm – den zweiten Preis. Doch die Enttäuschung währte nicht lang. Auch die Scouts der Plattenfirmen hatten sich ihr eigenes Urteil gemacht.

2011 legte Wunder nun sein Debüt als Exklusiv-Künstler der Deutschen Grammophon vor: ein reines Chopin-Programm mit all den Stücken, die er in Warschau beim Wettbewerb gespielt hat. „Ich wollte eine wirklich klassische Chopin-Interpretation auf den Markt bringen, die nicht verrückt und nicht langweilig ist. Mein Chopin wird sich ganz sicher ändern, ich bin eher ein extremer Typ.“

In seinen Konzerten spielt er derzeit fast nur Chopin. Doch auch das wird sich ändern. Zunächst kommen Mozart und Liszt hinzu, dann Beethoven. Repertoire und Auftritte will Ingolf Wunder aber streng limitieren. „Ich will Zeit haben, an meinem Repertoire zu arbeiten. Natürlichkeit ist für mich das wichtigste in der Musik, aber ebenso wichtig ist mir musikalische Perfektion. Das klingt eigentlich unvereinbar, ist aber doch das Ziel.“ Die CD zumindest ist ein großes Versprechen.

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