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Porträt Giovanni Antonini

Das Projekt Haydn 2032

Bis zu Haydns 300. Geburtstag dirigiert Giovanni Antonini alle seine Sinfonien

vonMatthias Nöther,

Im Jahr 2032 jährt sich Josef Haydns Geburtstag zum 300. Mal. Das ist eigentlich noch lange hin. Doch bis dahin gibt es in den Augen des schweizerischen Kulturmanagers Christoph Müller noch einiges zu tun: Eine Gesamteinspielung aller 107 Haydn-Sinfonien soll entstehen, die man dem Publikum drei Jahrhunderte nach der Geburt des Komponisten im niederösterreichischen Rohrau präsentieren will – als aufwändige Sonderedition unter Mitarbeit der Fotoagentur Magnum. Der entscheidende Musiker des Projekts „Haydn 2032“ ist der italienische Dirigent Giovanni Antonini. Auch er nimmt dieser Tage Anlauf, um das Riesenprojekt bis zum Jubiläum Wirklichkeit werden zu lassen.

Nicht nur für Fürsten: »Sturm und Drang« mit Humor

 

„Die Welt Haydns ist ein Universum“, sagt Antonini, und er meint damit insbesondere die Sinfonien, in denen sich Haydns äußerlich recht gemächliche, musikalisch aber umso vielseitigere Lebensgeschichte niederschlägt. „In seiner frühen Zeit als Hauskomponist des Fürsten Esterházy auf einem Schloss in der ungarischen Provinz schrieb Haydn für eine kleine, geschlossene Gesellschaft, er konnte Experimente machen.“ Dennoch, so Giovanni Antonini, finde man namentlich in diesen sogenannten „Sturm-und-Drang“-Sinfonien viele Elemente der alten italienischen Barockoper – überhaupt viel Italienisches, denn Haydn war ein großer Anhänger Antonio Vivaldis sowie in jungen Jahren Kammerdiener des Sängers und Opernkomponisten Nicolà Porpora, von dem er viel lernte. „Als er später als freischaffender Musiker für London komponierte, hatte er ein völlig anderes Ideal im Kopf. Diese Sinfonien waren für ein großes Publikum geschrieben. Der Aspekt des Experimentellen trat zurück, dafür kam das Element des Humors, denn Haydn hatte Spaß daran, das Publikum zu überraschen.“

 

Stilsicher: Auch Haydns Musik verdient den Originalklang

 

Gemeinsam mit dem namhaften italienischen Barockorchester Il Giardino Armonico, dessen Chefdirigent Giovanni Antonini seit vielen Jahren ist, möchte er sich dem Komponisten mit möglichst viel Bewusstsein um den reichhaltigen und widerspruchsvollen musikalischen Geist des 18. Jahrhunderts nähern. „Haydn wird natürlich zu Recht als Komponist der Klassik gesehen, doch das hat dazu geführt, dass vor allem die großen Sinfonieorchester sich um sein Werk bemüht haben.“ Mittlerweile sei aber die historische Aufführungspraxis, sei das Spiel auf Originalinstrumenten nicht mehr auf die Zeit vor 1800 begrenzt. „Selbst bei Wagner bemüht man sich ja nun zuweilen darum, ihn wie zu Uraufführungszeiten klingen zu lassen.“

 

Für eine Haydn-Gesamteinspielung, die die aufführungspraktischen Aspekte aus dem Zeitalter des Komponisten berücksichtigt, wäre es demnach ohnehin höchste Zeit. Giovanni Antonini ist davon überzeugt, dass man Haydn nur auf diese Art wirklich erfassen kann: „Viele Leute denken, Haydns Musik ist ein bisschen langweilig. Ein Thema von Haydn merkt man sich nicht sofort. Er war daran nicht so interessiert wie Mozart, deshalb ist es schwieriger, ihn darzustellen. Bei Haydn liegt viel mehr in der Struktur. Man muss ihn mehr wie einen Schauspieler aufführen, der Musik darstellt.“

 

Dieses Konzept, sagt Antonini, ist sehr nahe an der Barockmusik mit ihrer Klangrede – der Umsetzung von rhetorischen Prinzipien in Musik, wie sie im frühen 18. Jahrhundert üblich war. Und dies ist für den Dirigenten der Hauptgrund, weshalb Haydn als Sinfoniker bei Alte-Musik-Ensembles, die das Prinzip der barocken Klang-rede verinnerlicht haben, am besten aufgehoben ist. Nicht nur mit seinem „Giardino Armonico“, der am 21. Juni 2014 im Radialsystem den Auftakt zum „Haydn-2032“-Projekt geben wird, sondern auch mit dem kammerorchesterbasel, das sich ebenfalls seit Jahren der historischen Aufführungspraxis widmet.

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