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Als in Prag noch das Herz Europas pulsierte

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  • Als in Prag noch das Herz Europas pulsierte

FEL!X Originalklang Festival 2025

In der siebten Ausgabe des Originalklang-Festivals FEL!X steht vom 27. bis 31. August die Musik des osteuropäischen Kulturraums Böhmen im Mittelpunkt.



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Bedřich Smetana, Antonín Dvořák und Leoš Janáček – diese Namen kommen einem sofort in den Sinn, wenn von „tschechischer Musik“ die Rede ist. Doch lange, bevor die landestypische Folklore mit ihren Tanzrhythmen und der Tonfall der tschechischen Sprache unter dem hehren Begriff eines neuen Nationalstils Eingang in die klassische Musik fanden, war Böhmen ein wichtiger Teil des europäischen Kulturraums, in dem „das Herz Europas durch Einflüsse aus Italien, Frankreich und Deutschland gelebt hat“, sagt Václav Luks, der die diesjährige Ausgabe des Kölner Originalklang-Festivals FEL!iX kuratiert. In dessen Mittelpunkt stehen vom 27. bis 31. August die böhmische Musik aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die Einflüsse, die sie von außen aufgenommen und die sie in andere Länder abgestrahlt hat.

Zum Eröffnungskonzert in der Kölner Philharmonie begrüßt der Tscheche Václav Luks mit dem von ihm vor zwanzig Jahren gegründeten Collegium Vocale 1704 und dem zugehörigen Originalklangensemble Collegium 1704 das Publikum allerdings mit Mozarts Requiem, eingedenk der großen Resonanz, die Mozart noch zu Lebzeiten in Böhmen, besonders in Prag, erfuhr. Zuvor stehen zwei böhmische Zeitgenossen Mozarts auf dem Programm: Franz Xaver Richter und František Ignác Anton Tůma. Tags darauf sind die beiden Klangkörper nochmals zu erleben, wenn sie doppelchörige Motetten von Bach Chorwerken von Jan Dismas Zelenka gegenüberstellen und damit der oft kolportierten Meinung entgegentreten, Zelenka sei der „böhmische Bach“. Václav Luks entdeckt ohrenfällige Unterschiede zwischen der streng rationalen lutherischen Tradition Bachs und dem italienisch duftenden Katholizismus Zelenkas, dessen Musik direkt ins Herz gehe.

Lädt zur „Odysées de Kryštof Harant“: Ensemble Constantinople
Lädt zur „Odysées de Kryštof Harant“: Ensemble Constantinople

Musikalische Einflüsse aus aller Welt

In der Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt führt das Baseler Vokalensemble Voces Suaves zwei Renaissancemeister mit Madrigalen, Motetten und einer Messe zusammen: den Großen Italiener Giovanni Pierluigi da Palestrina und den nur wenige Jahre älteren franko-flämischen Komponisten Philippe de Monte, der seine letzten zwei Lebensjahrzehnte in Prag lebte und wirkte. Eine feste Größe im Bereich der Alten Musik ist Evgeni Sviridov, der seit zehn Jahren als Konzertmeister entschieden das Klangbild von Concerto Köln mitgestaltet. Gemeinsam mit drei weiteren Musikern spürt der russische Geiger im Wallraf-Richartz-Museum dem empfindsamen Stil des böhmischen Hofkomponisten Franz Benda nach. Am selben Abend laden auch das Prager Vokalensemble Cappella Mariana und das kanadische, auf traditionellen und klassischen Instrumenten spielende Ensemble Constantinople zu einer „Odysées de Kryštof Harant“. Der vielgereiste böhmische Renaissancekomponist verarbeitete in seiner Musik die Einflüsse vieler Kulturen. Im WDR Funkhaus am Wallrafplatz erklingen Stücke, die Harant in Venedig, Jerusalem, Kairo und weiteren Städten gehört haben dürfte, zusammen mit seinen eigenen farbenfrohen Kompositionen.

Mit ganz eigenen Klangfarben locken auch Heinrich Ignaz Franz Bibers barocke „Rosenkranz“-Sonaten, bei denen die Geige in vielfach wechselnden Saitenstimmungen zum Einsatz kommt. Drei dieser „Mysterien-Sonaten“ hat das Ensemble Castelkorn in St. Maria im Kapitol im Gepäck, bevor das Vokalensemble Flores Myrtae im Anschluss mit gregorianischen Gesängen in die Welt gesungener mittelalterlicher Gebete entführt und am Nachmittag noch mit einem Programm rund um die Jüngerin Jesu, Maria Magdalena, ins Baptisterium lädt.

Mit drei „Mysterien Sonaten“ Heinrich Ignaz Franz Bibers zu erleben: Ensemble Castelkorn
Mit drei „Mysterien Sonaten“ Heinrich Ignaz Franz Bibers zu erleben: Ensemble Castelkorn

Querverbindungen der Barockmusik

In der Ursulinenkirche St. Corpus Christi lässt das Ensemble Postscript mit zwei Traversflöten, Cello und Cembalo „Die vier Temperamente“ anklingen, mit denen der griechische Arzt Hippokrates in der Antike die Menschen in Grundtypen unterteilte. Sonaten von Johann Sebastian Bach, Jakob Friedrich Kleinknecht und Georg Philipp Telemann charakterisieren den Phlegmatiker, den Choleriker, den Melancholiker und den lebhaft-heiteren Sanguiniker. Als Preisträger der göttinger händel competition 2025 verwandeln am Samstagvormittag die vier Mitglieder des Yara Ensembles und Videokünstlerin Hanna Hofmann den Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museums in einen audioreaktiven visuellen Klangraum, im Museum Ludwig macht sich das polnische Trio Régence sonore auf die Suche nach Querverbindungen zwischen polnischer und deutscher Barockmusik, während das Ensemble Interchange im Wallraf-Richartz-Museum Musik komponierende Frauen des 17. und 18. Jahrhunderts ins Rampenlicht rückt.

Als erster Vertreter eines eigenständigen tschechischen Stils in der frühen Barockmusik Böhmens gilt der Organist und Komponist Adam Michna z Otradovic. Seine bruchstückhaft erhaltene Sammlung von Gesängen, „Loutna česká“, bildet den roten Faden für zwei Auftritte des vierköpfigen israelischen Nari Baroque Ensembles in der Ursulinenkirche St. Corpus Christi. Eine wahre Rarität heben die Akademie für Alte Musik Berlin sowie die Schauspieler Meike Droste und Elias Arns mit Georg Anton Bendas „Medea“ auf die Bühne. Das Melodram, in dem gesprochener Text mit Orchestermusik verknüpft wird, war im späten 18. Jahrhundert ein wahrer Erfolgsschlager. In der Kölner Philharmonie dient Mozarts „Haffner“-Sinfonie als sinfonische Ouvertüre.

Leitet das preisgekrönte Vokalensemble Vox Luminis: Lionel Meunier
Leitet das preisgekrönte Vokalensemble Vox Luminis: Lionel Meunier

Zur Eröffnung ein Requiem, zum Schluss ein Requiem. In Heinrich Ignaz Franz Bibers Totenmesse treffen das preisgekrönte Vokalensemble Vox Luminis und sein Leiter Lionel Meunier auf die Consort-Besetzung des renommierten Freiburger Barockorchesters, um in die warme, dunkle Klangwelt von Trauer und Klage einzutauchen. Und auch für Kinder ab 6 Jahren ist am letzten Tag des Festivals FEL!X gesorgt: Monika Sigl-Radauer erzählt von zwölf tanzfreudigen Prinzessinnen und zwölf verwunschenen Prinzen. Das Grimm-Märchen „Die zertanzten Schuhe“ wird in der Philharmonie vom Barockensemble I quattro fantolini begleitet. Wer auch selbst einmal Prinzessin oder Prinz sein möchte, darf gerne in Verkleidung kommen!

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