„Die ich rief, die Geister – werd ich nicht mehr los!“, lässt Johann Wolfgang von Goethe seinen Zauberlehrling rufen, als dieser in jugendlicher Selbstüberschätzung den verhexten Besen nicht mehr bändigen kann. Weitaus schlimmere Folgen hat Macbeth zu verantworten, der im Wortsinn über Leichen geht, um seine Macht zu etablieren, und getrieben von seiner Hybris ebenfalls von übernatürlichen Erscheinungen drangsaliert wird. Das Shakespreare-Stück stand Pate für Alexander Puschkins Drama „Boris Godunow“, das wiederum dem Libretto von Modest Mussorgskis gleichnamiger Oper zugrunde liegt. Auch hier wird die Titelfigur durch ihren eigenen Hochmut zu Fall gebracht wird. Allerdings verlagert Puschkin die Geister Shakespeares ins Innere der Psyche. Boris Godunow, der durch die Ermordung des legitimen Thronfolgers zum Zar ernannt wird, geht an seinen eigenen Gewissensbissen zugrunde.
An der Staatsoper Hamburg inszeniert Frank Castorf, der in den 25 Jahren als Intendant der Berliner Volksbühne seinen Ruf als Enfant terrible der deutschen Theaterszene gefestigt hat, das zukunftsweisende Werk. (SI)